16. Die Magie des Küssens

Erst im Laufe der Zeit werden wir mundfauler und vergessen völlig die umfassende Wirkung vom Küssen. Da benutzen wir das Küssen oft nur noch als Einleitung zum Sex. Oder zur Abwehr vom Sex, schnell, flüchtig und abweisend. Manchmal küssen wir auch als Absicherung von Besitz oder um unserem Partner einfach nur eine Freude zu bereiten. Küssen erfüllt in dieser Phase der Partnerschaft meist einen bestimmten Zweck und ist nichts Aufregendes mehr. Wir tun es nur noch selten, aber wir tun es.

Wirklich lebensnotwenig für eine Partnerschaft wird das Küssen spätestens dann, wenn wir nicht einmal mehr diese Form der Zärtlichkeit vermissen. Meist lebt man dann in hoffnungsloser Gleichgültigkeit wie ein Geschwisterpaar zusammen. Der Alltag geht immer mehr im Organisieren unter und, Sticheleien sind an der Tagesordnung. Im Gegensatz zur Verliebtheitsphase haben wir nun genügend Argumente, warum wir nicht küssen wollen. Wir befürchten, dass es in Sex übergehen könnte, wir haben uns gerade die Zähne geputzt oder noch nicht, wir sind zu verschlafen oder viel zu wütend, als jetzt so einen Blödsinn zuzulassen, zu gestresst, zu abgelenkt, zu ungeduldig oder zu verletzt. Gründe gibt es jedenfalls genügend, einen Kuss zu verweigern.

Aber gerade dann! Wenn man keine Worte mehr zur Verfügung hat, sollte man einfach mal wieder küssen. Durch das Küssen harmonisiert man sein Wesen mit dem des Partners und sagt mehr als tausend Worte, mehr als alle Gesten der Welt. Durch das Küssen verständigen sich die Körper der Liebenden auf eine ganz eigene Weise und gleichen Disharmonien aus. Beim Küssen gibt es keine Rechthaberei mehr, keinen Zorn, keine Wut, keine Scham. Wenn wir uns küssen ohne die Erwartung zu haben, dies gleich in Sex übergehen lassen zu müssen, bringen wir uns wieder auf gleiche Wellenlänge. Wir tauschen einen genetischen Code aus. Wir werden wieder zu einem Paar, werden wieder eingestimmt, das Leben gemeinsam zu meistern. Küssen erinnert uns wieder, wie hoffnungsvoll wir einmal miteinander begonnen haben.

Küssen ist intimer als Sex. Nicht umsonst küssen Huren nicht. Kein Wunder, denn …

… küssen fördert die Liebe zutage.

Wenn wir tief und innig küssen, können wir nicht lange unser Herz verschließen, denn der Kuss holt uns wieder zurück und bringt uns dazu, uns wieder auf den Partner einzulassen. Wenn Du also Luft holst, weil Dir eine scharfe Erwiderung auf der Zunge liegt, wenn du küssen als albern, überflüssig, lästig oder gar sinnlos empfindest, ist jetzt spätestens der Zeitpunkt zum Küssen gekommen. Willst du mit Deinem Partner oder Deiner Partnerin weiterhin zusammen sein, möchtest Du aus dem Streit ausbrechen, dann küsse! Küsse vor allem dann, wenn es keinen Grund gibt zu küssen. Küsse lang anhaltend, liebevoll und lasse Dich ganz und gar darauf ein.

Küsse nicht theoretisch. Durch das Lesen wirst Du das Küssen nicht erfassen. Lege das Buch zur Seite und küsse. Jetzt. Lass Dich nicht abwimmeln, sondern bestehe auf mindestens einen Kuss. Harmonisiert eure Seelen und holt euch die Liebe zurück.

Ach, habe ich schon gesagt, dass Du küssen sollst? Und zwar jetzt. Jetzt bist Du motiviert. Schon in zehn Minuten haben deine Argumente wieder Oberhand gewonnen. Küsse jetzt.

Küssen hält nicht nur die Partnerschaft lebendig, sondern ist auch extrem wichtig für unsere Gesundheit und unseren Hormonhaushalt. Beim Küssen wird das Glückshormon Serotonin freigesetzt und das macht uns ausgeglichener und gelöster. Gleichzeitig wird das Verliebtheitshormon Phenylethylamin ausgeschüttet und löst Hochgefühle aus. Wir bekommen Herzklopfen und die berühmten Schmetterlinge im Bauch; bestes Training für den Kreislauf. Darüber hinaus produziert die Bauchspeicheldrüse beim Küssen vermehrt Insulin, und das Immunsystem schickt Abwehrzellen durchs Blut. All das bewirkt, dass Menschen, die gern küssen, bis zu fünf Jahren länger leben. Küssen ist also die beste und billigste Gesundheitsvorsorge, die wir uns gegenseitig schenken können.

Ich hoffe, Du bist schon unterwegs. Beim Küssen.

Denn küssen hilft uns, die Liebe wieder zurückzuerobern. Ich jedenfalls mache jetzt eine Pause, denn ich gehe jetzt … küssen.